Plädoyer für den alten Hund

Mit freundlicher Genehmigung von Silke Hanschke

 

Ein Beitrag aus ihrem Blog "Von Menschen und meinen Hunden"

 

23. November 2010, Omihunde

 

Das Zusammenleben mit einem alten Hund ist schön. Immer, wenn ich mit Karlsson Stunde um Stunde in Regen, Nebel und Kälte auf der Hundewiese verbracht habe, freue ich mich auf Zuhause, wo Lotta schon mein Plätzchen auf dem Sofa vorgewärmt hat. Bei nassem und kaltem Wetter verzichtet sie gern darauf, uns zu begleiten. Ein Blick nach draußen und sie macht auf dem Absatz kehrt und geht zurück ins Haus.

Lieber leistet sie mir auf dem Sofa oder –ehrlich gesagt- auch manchmal im Bett Gesellschaft. Wenn sie heute aufs Bett hüpft, sind wir ja froh, dass sie den Sprung trotz schmerzender Gelenke noch schafft! Sie rollt sich dann in den Kissen oder unter der Decke zusammen und sieht einfach gemütlich aus. Sogar ihr leises Schnarchen ist rührend.

Spaziergänge mit Lotta sind geruhsam. Wir gehen eine Runde durch den Park und Lotta läuft hinter, vor oder neben mir her. Sie interessiert sich nicht mehr für andere Hunde oder Eichhörnchen, so dass sie nicht wie von der Tarantel gestochen losrennt, sobald eins von beidem in unserem Blickfeld auftaucht. Da sie nicht mehr wie der Blitz über die Wiese rennt und dann aus den Büschen geschossen kommt, erschreckt sie auch keine kleinen Kinder mehr und unsere gemeinsamen Ausflüge bleiben in der Regel frei von unerfreulichen Zwischenfällen. Wenn ich mit Karlsson unterwegs bin, muss ich ständig auf die unheilschwangere Frage „Wem gehört denn dieser Hund?“ gefasst sein. Mit Lotta unterwegs muss ich höchstens aufpassen, dass sie nicht die Orientierung verliert und wirklich von der Gartenpforte zur Haustür findet.

Lotta ist lebenserfahren und weiß sich zu benehmen. Auch in schwierigen Situationen. Nie würde es ihr einfallen, im Restaurant unter dem Tisch hervorzuschießen, um eine zufällig vorbei gehende Dame auf dem Weg zu den Toiletten zu begrüßen und dabei den von der Kellnerin zuvorkommender weise bereitgestellten Wassernapf umzureißen, so dass die bedauernswerte Dame nicht nur einen Schreck, sondern auch noch ein Fußbad verpasst bekam. Karlsson, der kleine Übeltäter, war von der Aufregung, die er damit verursacht hatte, selber ganz mitgenommen. Ich glaube, er hat sogar laut gebellt, während Lotta einfach weiter schlief. Sie hört ja nicht mehr so gut, was in diesem Fall ein klarer Vorteil war.

Überhaupt machen Oma- und Opahunde nur noch selten Dummheiten. Sie versuchen nicht mehr, sich nach einer Dusche im Wäschekorb mit der frisch gewaschenen Wäsche trocken zu wälzen und verstehen es nicht mehr als Aufforderung zu einem lustigen Zerrspiel, wenn die neue Putzfrau munter den Wischlappen schwenkt. (Wenn es schlecht ausgeht und die Putzfrau keinen Spaß versteht, steht man hinterher ohne da. Und der Putzlappen ist auch noch zerfetzt.)

Oma- und Opahunde sind verlässliche Partner. Manchmal ein bisschen tüdelig, aber das ist weniger anstrengend als einen Junghund von der Kuhweide zu holen, wo er versucht, die Kälber zusammenzutreiben während der Bauer zornesrot die bereits oben zitierte Frage nach dem Halter dieses Hundes über die Weide brüllt. Und sollte unser Omahund doch nochmal etwas Dummes tun, wie sich zum Beispiel ein Nest aus Krawatten bauen, so sind wir darüber eher gerührt und freuen uns, dass noch ein bisschen Schalk in Lotta steckt. Und wenn sie mal wieder so gar nichts merkt und einfach weiter schläft, wenn wir nach Hause kommen, wissen wir, dass sie uns nicht gehört hat. Macht nichts, sie freut sich dann eben später, dass wir wieder da sind. Und wir freuen uns jeden Tag darüber, dass sie noch da ist.